Die Infektionszahlen in der Slowakei sind bislang relativ niedrig. Trotzdem gibt es Kritik am Premier – auch aus der Regierung.

Obgleich das Corona-Virus die Slowakei zu einem ungünstigen Zeitpunkt traf, gehört sie zu jenen Ländern in Europa, die recht schnell auf die Herausforderung reagierten und mit geringen Infektionszahlen aufwarten können. Allerdings sind die Einschränkungen, die die Bevölkerung in Kauf nehmen muss, sehr umfangreich. Zudem stehen sich in der slowakischen Regierung zwei äußerst selbstbewusste Parteiführer gegenüber.

Ins kalte Wasser geworfen: Corona und die slowakische Politik

Am 29. Februar 2020 fanden in der Slowakei Parlamentswahlen statt. Das Ergebnis sorgte für Erleichterung, führte aber auch zu Ratlosigkeit. Die wegen verschiedener Korruptionsskandale immer unbeliebtere Regierungskoalition aus „Richtung-Sozialdemokratie“ (SMER-SD), Slowakischer Nationalpartei (SNS) und der ungarischen Partei „Brücke“ (Most-Hid) wurde abgewählt. Die neue Regierungskoalition setzt sich zusammen aus der Mitte-rechts-Partei OĽaNO (etwa: Gewöhnliche Menschen und Unabhängige Persönlichkeiten), der konservativen Sme-Rodina (Wir sind eine Familie), der liberalen Sloboda a Solidarita (Freiheit und Solidarität) sowie der zentristischen Za Ľudí (Für die Menschen). Angeführt wird sie vom als unberechenbar geltenden Igor Matovič (OĽaNO). Dieser wurde am 21. März von Präsidentin Zuzana Čaputová zum Premier ernannt. Die neue Regierung sah sich zugleich einer veritablen Herausforderung gegenübergestellt: der Corona-Krise.

Erste wirksame Maßnahmen – noch von der alten Regierung

Die von Peter Pellegrini (SMER-SD) geführte Vorgängerregierung rief am 11. März zum 12. März zunächst die Notsituation (mimoriádna situácia) und am 15. März den Notstand (Núdzový stav) aus. Dieser trat am 16. März in Kraft. (( https://dennikn.sk/1801720/minuta-po-minute-koronavirus-nudzovy-stav/; Vgl. Verfassungsgesetz 227 vom 11. April 2002, Artikel 5, Onlinetext: https://www.zakonypreludi.sk/zz/2002-227)) Am 13. März 2020 setzte die Regierung verschiedene Maßnahmen durch, mit denen sie die Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern versuchte. Sie ähneln denen, die später auch viele andere europäischen Ländern umsetzten:

  • Internationale Zug- und Busverbindungen wurden gestrichen, die drei Flughäfen im Lande (Bratislava, Košice und Poprad) geschlossen.
  • In die Slowakei einreisen dürfen nur Staatsbürger und Personen mit Wohnsitz und/oder einem gültigen Arbeitsvertrag im Lande. ((https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/slowakeisicherheit/206360#content_0))
  • Einige verfassungsrechtlich garantierte Rechte, etwa die Wahl des Aufenthaltsortes und das Versammlungsrecht, wurden außer Kraft gesetzt. Ebenso verunmöglicht wurde die Ausübung bestimmter Berufe (Handwerker, Gastwirte, Hoteliers und Lehrer).
  • Die großen Autohersteller im Lande wie Kia und Volkswagen u. a. setzten ihre Produktion aus.
  • Kindergärten, Schulen und Universitäten wurden geschlossen.
  • Auch wurden bis auf Drogerien, Supermärkte und Apotheken Geschäfte geschlossen; Restaurants und Kneipen sowieso.
  • Hinzu kommt ein verpflichtender Mundschutz in der Öffentlichkeit.

Diese Maßnahmen, die in einem Moment in Kraft traten, als gerade einmal elf Corona-Fälle im Lande bekannt waren, zeigen Wirkung. Die Zahl der Infizierten liegt deutlich unter einem Negativszenario, das sich an den Fallzahlen in Italien orientiert und diese ins Verhältnis zur Bevölkerung der Slowakei setzt. ((https://spravy.pravda.sk/domace/clanok/546469-koronavirus-v-grafoch-pocet-infikovanych-denny-prirastok-a-porovnanie-slovenska-so-svetom/)) Sie wirken deshalb, weil die Bevölkerung die Anordnungen als angemessen und legitim betrachtet und sie einhält. Zum 27. April 2020 sind offiziell insgesamt 1381 Infektionen nachgewiesen, bei einer Einwohnerzahl von ca. 5,45 Millionen. Durchgeführt wurden 74.099 Tests. ((

Tagesaktuelle Daten auf https://www.korona.gov.sk/koronavirus-na-slovensku-v-cislach/)))

Dies entspricht 13.572 Tests pro einer Million Einwohner. ((Zum Vergleich Nachbar Tschechien hat zum 27. April 20.401 Tests pro einer Million Einwohner durchgeführt s. hierzu https://www.worldometers.info/coronavirus/)) Als genesen gelten zum 27. April 403 Personen, verstorben sind 18. ((Tagesaktuelle Daten auf https://www.korona.gov.sk/koronavirus-na-slovensku-v-cislach/))

„Blackout“ und verschärfte Einreisebedingungen

Premier Igor Matovič ist bemüht, seinen Amtsvorgänger Peter Pellegrini auf jeden Fall zu übertreffen, um sich als der „Retter der Nation“ präsentieren zu können. Dies wurde vor allem am 1. April deutlich. An diesem Tag überraschte der Regierungschef die Öffentlichkeit und seine Koalitionspartner mit einem sehr umstrittenen Vorschlag. Er plante, die Wirtschaft des Landes für drei Wochen völlig herunterzufahren. Er sprach von einem „Blackout“, gemeint ist aber ein fast kompletter „Lockdown“. Er dachte an die Ausschaltung des gesamten öffentlichen und auch wirtschaftlichen Lebens für den Zeitraum von drei Wochen. Durchgesetzt werden sollte dieser mittels des Ausnahmezustandes. ((https://www.novinky.cz/koronavirus/clanek/matovic-s-napadem-vypnout-zemi-na-tri-tydny-sklizi-jen-kritiku-40319166))

Wie sich Matovič Blackout und Ausnahmezustand vorstellte, wurde zu Ostern deutlich. Für die Zeit vom 8. bis 13. April verhängte er eine rigide Ausgangssperre. Untersagt wurde das Verlassen des jeweiligen Kreises. Überprüft wurde dieses Verbot durch Personen- und Fahrzeugkontrollen. ((https://www.webnoviny.sk/krizovy-stab-rozhodne-o-moznom-zakaze-vychadzania-pocas-velkej-noci-matovic-sa-vyjadril-aj-k-blackoutu/)) Diese Maßnahmen sorgten am 7. April vor allem um Bratislava für ein Verkehrschaos, da viele Menschen noch die Möglichkeit nutzten, die Stadt zu verlassen. Sie führten zudem zu einer Kontroverse zwischen Matovič und dem Polizeipräsidenten Milan Lučanský. Der Premier machte Lučanský für das Verkehrschaos verantwortlich, da er ihn bewusst missverstanden habe. Der Polizeichef berief sich wiederum auf Unterlagen, die er vom Innenministerium zugestellt bekommen hatte und griff seinerseits Matovič an. ((https://slovensko.hnonline.sk/2128078-lucansky-reaguje-na-premiera-na-tlacovkach-zaznievaju-protichodne-infomacie-riadim-sa-tym-co-je-na-papieri))

Zum 6. April wurden die Einreisebestimmungen in die Slowakei verschärft. Alle Personen, die berechtigt sind, sich in der Slowakei aufzuhalten, müssen nach dem Grenzübertritt zu Untersuchungszwecken in eine staatliche Quarantäneeinrichtung. Dort kann es allerdings vorkommen, dass man mit völlig fremden Personen in einem Zimmer untergebracht ist, eine fragwürdige Regelung. Ebenso ist unklar, wie lange die rückkehrenden Personen in der staatlichen Quarantäne verbringen müssen. Es heißt, bis zum Abschluss der notwendigen Untersuchungen, i. d. R. sechs bis sieben Tage. Ausgenommen von dieser Regelung, die am 22. April auf unbestimmte Zeit verlängert wurde, sind bspw. Schwangere und chronisch Kranke und ebenso Pendle,r die bis nicht weiter als 30 Kilometer hinter der slowakischen Grenze einer Erwerbstätigkeit nachgehen. ((Weitere Ausnahmen von dieser Regel unter: http://www.uvzsr.sk/docs/info/covid19/opatrenie_statna_karantena_16_4_2020.pdf)) Auch ist es notwendig, die Rückkehr 72 Stunden vorher beim Außenministerium anzumelden. ((https://www.mzv.sk/cestovanie/covid19/registracia)) Dies hält Heimkehrwillige von der Rückkehr ab. Das Land darf obendrein nicht als Transitland genutzt werden.

Unstimmigkeiten in der Koalition

Matovičs „Blackout“-Idee sorgte nicht allein in der Bevölkerung für bitteren Spott. Sie war ebenso der Beginn einer Kontroverse zwischen dem Premier, der einst über ein SaS-Mandat in das Parlament gewählt worden war, und Wirtschaftsminister Richard Sulík (SaS), der über zehn Jahre in Deutschland gelebt, dort die Schule und die Universität besucht hatte. ((https://www.aktuality.sk/clanok/783710/matovic-sa-hada-so-Sulíkom-premierovi-mozu-skodit-tri-okolnosti/ und https://spravy.pravda.sk/domace/clanok/549048-premier-radi-cukrarnam-a-fackuje-Sulíka-alebo-naopak/?utm_source=pravda&utm_medium=hp-box-najcitanejsie&utm_campaign=shp_rightbox)) Zudem verdeutlichte sie eine Lagerbildung in der Regierung. Auf der einen OĽaNO und Sme Rodina sowie SaS und Za Ludi auf der anderen Seite. Boris Kollár vom Koalitionspartner Sme Rodina sprang Matovič zur Seite und gab in Richtung Sulík zu verstehen, dass allein Premier Matovič entscheide. ((https://spravy.pravda.sk/domace/clanok/548831-kollar-Sulík-je-prchky-a-chcel-by-vsetko-pootvarat-ale-rozhoduje-premier/))

Da die Slowakei für eine sehr liberale Wirtschaftspolitik steht und wegen der bedeutenden Automobilindustrie sehr exportorientiert ist, reagierten die liberalen Koalitionsparteien Sloboda a Solidarita und Za Ľudí umgehend ablehnend auf die „Blackout“ Idee. Ebenso wies die oppositionelle Partei SMER-SD diese Ansinnen zurück. Koalitionspartner Sme-Rodina schwieg hingegen, ebenso Präsidentin Zuzana Čaputová. Anzumerken ist, dass nur das Staatsoberhaupt den Ausnahmezustand ausrufen darf und dies nur im Falle eines terroristischen Anschlages sowie bei Unruhen, die mit Angriffen auf die Staatsorgane verbunden sind. ((Hierzu das Verfassungsgesetz 227 vom 11. April 2002, Artikel 4, Onlinetext: https://www.zakonypreludi.sk/zz/2002-227))

Der Streit zwischen Sulík und Matovič dreht(e) sich um die Frage der Rückkehr zur Normalität. Während der Premier die bestehenden Einschränkungen solange wie möglich beibehalten will, setzt sich der wirtschaftsliberale Wirtschaftsminister für eine rasche, aber kontrollierte Rückkehr zur Normalität ein. Eine funktionierende Wirtschaft sei die Voraussetzung, die Herausforderungen lösen zu können. Nur so könne wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen vorgebeugt werden. Sulík und Matovič stritten bspw. über die wirtschaftliche Bedeutung des Einzelhandels. ((https://www.aktuality.sk/clanok/783546/Sulík-ide-proti-matovicovi-tu-nejde-len-o-2-hdp-ale-o-215-tisic-osudov-ludi/)) Sulík beklagte zudem, dass internationale Handelsketten slowakische Betriebe existentiell bedrohen würden, da diese nicht geschlossen seien. ((https://www.ta3.com/clanok/1180929/likvidujeme-tisice-obchodov-Sulík-trva-na-ich-urychlenom-otvarani.html)) Allen Meinungsverschiedenheiten zum Trotz möchte Richard Sulík aber auf jeden Fall seine Arbeit in der Koalition fortsetzen. ((https://europskenoviny.sk/2020/04/20/igor-matovic-zverejnil-harmonogram-otvarania-prevadzok/)) Ein Grund hierfür ist, dass er als Koalitionspartner schon einmal eine Regierung zu Fall brachte, im Oktober 2011 die Regierung von Iveta Radičová. Ein Makel, der Sulík noch immer anhängt.

Das Harmonogramm

Am 20. April veröffentlichte die Regierung der Slowakei ein Harmonogramm, in dem sie die stufenweise Lockerung der Beschränkungen ausführte. Vorgesehen sind vier Phasen. ((Bereits am  1. April durften Geschäfte wie Optiker, Fahrradläden, Haushaltwaren, Heimwerker- und Gartengeschäfte wieder öffnen.))

  • Phase 1: (ab 22. April) Geschäfte mit einer Fläche von bis zum 300 m2 und bestimmte Sportstätten (Tennisplätze) dürfen wieder öffnen, jedoch ohne Umkleidekabinen und sanitäre Einrichtungen. Ebenso dürfen Freiluftmärkte öffnen. Gaststätten dürfen nur außer Haus verkaufen.
  • Phase 2 (frühestens ab 6. Mai): Öffnung von Hotels und Pensionen (allerdings bleiben Speisesäle geschlossen). Ihre Tätigkeit wieder aufnehmen dürfen Taxifahrer und Friseure. Ebenso werden Gottesdienste und Hochzeiten wieder zugelassen.
  • Phase 3 (frühestens ab 20. Mai): Öffnung von Museen und Galerien, Biergärten, Bibliotheken sowie von größeren Geschäften bis 1000 m2
  • Phase 4: Zulassung von Massenveranstaltungen, Öffnung von Sporthallen, Kinos, Theater, Schwimmbädern, Schulen und Kindergärten.

Zwischen der dritten und vierten Phase soll ein längerer, nicht näher bestimmter Zeitraum liegen. Überhaupt hängt das Inkrafttreten der Phasen zwei, drei und vier von der Entwicklung der Zahl der Infektionen ab. Nehmen diese zu, so verzögern sich die Lockerungen oder werden zurückgenommen. ((Genauere Ausführungen zu den Bedingungen und dem Zeitplan der Öffnung unter: https://www.korona.gov.sk/ako-sa-budu-uvolnovat-opatrenia-uvodne-informacie/)) Von einer Lockerung der rigiden Einreisebestimmungen ist bisher nicht die Rede. Auf Widerstand stieß die Regelung, dass Rentner über 65 Jahre nur zwischen neun und elf Uhr einkaufen gehen dürfen. Nach Protesten wurde diese Regelung zurückgenommen. ((https://spravy.pravda.sk/domace/clanok/549467-seniori-sa-hnevaju-dve-hodiny-na-nakupy-su-malo/?utm_source=pravda&utm_medium=box-sidebar-links&utm_campaign=mostread)) Volkswagen (ab dem 27. April) und Kia wollen alsbald ihre Produktion wieder aufnehmen. ((https://ekonomika.pravda.sk/firmy-a-trhy/clanok/549408-volkswagen-spusti-buduci-tyzden-dalsiu-cast-vyroby/))

Experten entscheiden

Am 10. April teilte Igor Matovič auf Facebook mit, dass er bei Entscheidungen über mögliche Lockerungen der bestehenden Beschränkungen im öffentlichen Leben nur auf die Analysen und Ratschläge von Virologen und Epidemiologen vertraue. Ihm zufolge würde nur diese – und keinesfalls Politiker, ja nicht einmal er selbst – entscheiden, wie es im Lande weitergehe. ((https://ekonomika.sme.sk/c/22381045/o-otvarani-obchodov-rozhodnu-podla-matovica-odbornici-nie-prstocuc-politikov.html)) Dieses Aussagen stießen umgehend auf Widerspruch. Kritisiert wurde vor allem, dass sich Matovič nur von Virologen, Epidemiologen, Hygienikern und nicht auch von Soziologen, Psychologen, Demographen, Ökonomen sowie Staats- und Verfassungsrechtler beraten lasse. ((Hierzu der Historiker Adam Hudek: https://dennikn.sk/1850953/odbornikov-nie-je-nikdy-dost-vlade-sa-pocas-krizy-zidu-aj-experti-na-spolocenske-vedy/)) Diese Kritik ist berechtigt, sie geht jedoch am Kern vorbei. Matovič wollte demokratisch nicht legitimierte Wissenschaftler über Eingriffe in die Bürgerrechte entscheiden lassen. Sein Ansinnen rüttelte an den Grundfesten der parlamentarischen Demokratie und rief in den slowakischen Medien Widerspruch hervor.

In der Demokratie muss sich jede politische Entscheidung vom Willen des Souveräns, d. h. dem Staatsvolk, ableiten lassen, vor allem dann, wenn sie, wie soeben angedeutet, tief in die verfassungsmäßig garantierten Grundrechte der Bürger eingreift. In der Slowakei gibt es auf gesamtstaatlicher Ebene zwei Akteure, die ihre Legitimation direkt vom Staatsvolk herleiten können. Dies sind das Staatsoberhaupt sowie die Národná rada, das slowakische Parlament. Die Mitglieder der Regierung und somit auch der Premier dürfen diesem nicht angehören (Verfassung Art. 109). Die Minister und der Premier haben also kein direktes Mandat vom Elektorat. Der Regierungschef wird vom direkt gewählten Staatsoberhaupt ernannt (Verfassung Art. 110) und bedarf des Vertrauens des Parlaments (Verfassung Art. 113). Seine Legitimation ist somit nur mittelbar.

Epidemiologen und Hygieniker, die über die „Eröffnung weiterer Geschäfte oder die Öffnung von Schulen und Restaurants“ entscheiden sollen, sind, sofern sie nicht über ein Abgeordnetenmandat verfügen, demokratisch nur sehr indirekt legitimiert. Ihre Entscheidungen greifen aber so tief in die Freiheitsrechte der Bürger ein, dass ihre Legitimation durch den Regierungschef überhaupt nicht ausreichend ist, auch dann nicht, wenn ihre Ansichten richtig und nachvollziehbar sind. Sie können die Regierung und den Ministerpräsidenten beraten, aber letztlich entscheidet das Parlament oder die Regierung, die das Vertrauen des Parlaments genießt. Matovič entmachtet mit solchen Aussagen nicht allein sich selbst, sondern auch die Regierung sowie die Národná rada, die laut Art. 72 der Verfassung der Slowakischen Republik deren einziges gesetzgebendes Organ ist. Mit seinem Ansinnen unterstellt Matovič Abgeordneten und Ministern, nicht verantwortungsbewusst zu entscheiden und die Schlüsse der Epidemiologen nicht abwägen zu können. Er will das Parlament umgehen. Allerdings stärkt die Beratung das oft schwache Vertrauen in die repräsentative Demokratie, auch wenn das Abwägen der Argumente zeitaufwändig ist. Demokratisch schlecht legitimierte Entscheidungen von Spezialisten, die zwar ihr Fachgebiet beherrschen aber gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge ausblenden, sind keiner Demokratie zuträglich.

Gegensätze schaden der Regierung nicht

Dass sich Gegensätze und eine gewisse Uneinigkeit in der Regierung nicht nachteilig auf deren Wahrnehmung auswirken, zeigt eine Meinungsumfrage von April. Die Popularität von OĽaNO und Igor Matovič hat zugenommen. Aber auch Richard Sulík und seine Partei Freiheit und Solidarität steigen in der Popularität. Sulík wird als positiver Gegenpol betrachtet, der Matovičs Ideen Grenzen setzt und für einen Realismus in der Politik sorgt. Die wenig harmonische Außendarstellung schadet den beiden Parteien also keineswegs –  auch wenn eine andere Umfrage ergeben hat, dass Peter Pellegrini die Krise besser gemeistert habe als Igor Matovič. Die anderen zwei Koalitionspartner bleiben hingegen blass. Sme Rodina stagniert und Za ludi verzeichnet sogar einen Zustimmungsverlust. Die Partei des ehemaligen Präsidenten der Slowakei, Andrej Kiska, würde sogar den Sprung ins Parlament verpassen. ((Zu den Meinungsumfrage: https://dennikn.sk/1861834/aprilovy-prieskum-ako-olano-atakuje-30-percent-posilnil-aj-Sulík-za-ludi-s-tromi-percentami/?ref=mpm und https://www.topky.sk/cl/10/1894135/Matovic-s-novym-statusom-poriadne-prestrelil–Facka-od-ludi-a-premier-v-stratenej-puberte-))


 

Beitragsbild: bratislavskýsamosprávnykraj via Flickr / CC BY 2.0